valentino
Seit einem Jahr gibt es ein Magazin über den klassischen Film: Die zweimonatlich erscheinende Zeitschrift „35 Millimeter – Das Retro-Filmmagazin“ widmet sich Filmen bis 1965. Freunden älterer Filme – oder solche, die es werden wollen – sei das Magazin ans Herz gelegt: Jede Ausgabe stellt Filmperlen aus sechs Dekaden seit 1895 vor, die auf diese Weise in Erinnerung bleiben sollen. Das Jahr 1965 ist deshalb gewählt, weil es Mitte der 60er-Jahre eine Zäsur gab: weg vom klassischen Studio-Kino hin zum “New Hollywood”.
Auch wenn “New Hollywood”-Science-Fiction mich in meiner Jugend geprägt hat und ich derzeit Bücher zu Filmen verschlungen habe: unter anderem von Alan Dean Foster, Philip K. Dick und Stephen King – oder das erst viele Jahre später verfilmte Buch „Der Herr der Ringe“ von J. R. R. Tolkien – ein leidenschaftlicher Sammler von Filmen (ob sie nun vor oder nach 1965 entstanden sind) bin ich nie gewesen. Exemplarisch seien hier einige Beiträge vorgestellt.
Titelthema der mir vorliegenden April-Ausgabe ist das bereits im Rahmen einer Retrospektive auf der diesjährigen Berlinale gefeierte Technicolor-Jubiläum: Vor 100 Jahren entstanden die ersten Farbfilme mit diesem Verfahren. Ebenfalls einer hundertjährigen Retrospektive widmet sich das Saarbrücker Programmkino „Filmhaus“: Es zeigte jüngst sechs Filme von Orson Welles, der am 6. Mai dieses Jahres 100 Jahre alt geworden wäre. Hierzu interviewte Chefredakteur Jörg Mathieu den Leiter des Kinos Michael Jurich. Außerdem gibt es ein Interview mit der Restauratorin Anke Wilkening. Seit der aktuellen Ausgabe des Magazins gibt es die neue Rubrik „Original & Remake“. Den Auftakt macht Volker Schönenbergers Beitrag zum Film „Blob – Schrecken ohne Namen“ aus dem Jahr 1958. Das Remake entstand 30 Jahre später unter dem Titel: „The Blob“. In der Rubrik „Der vergessene Film“ bespricht Carsten Henkelmann eine kleine Rarität des Gruselfilms: „The Ghoul“ wurde 1933 mit Boris Karloff in der Hauptrolle gedreht. Ansgar Skulme bespricht sogenannte „Schwarzafrika-Filme“, ein von ihm vorgeschlagenes Sub-Genre des Abenteuerfilms. Im dritten Teil der Reihe „Jazz im Film“ zeichnen Prof. Dr. Klaus Huckert und Dr. Edgar Huckert anhand einiger filmischer Beispiele der 40er- und 50er-Jahre das Genre des Jazzfilms nach.Darüber hinaus gibt es Berichte von Filmfestivals, Rezensionen von Neuerscheinungen auf DVD und Blu-ray, Buch- und Hörbuchkritiken sowie Serien und Artikel über spezielle Filme. Jeder Ausgabe liegt eine Sammelkarte in limitierter Auflage bei: Auf der Vorderseite ist eine bekannte Schauspielerin oder ein Schauspieler abgebildet, auf der Rückseite sind seine Lebensdaten und eine Auswahl seiner Filme vermerkt.
Alle Beiträge sind sprachlich solide und, soweit ich das beurteilen kann, filmhistorisch fundiert. Gut am Layout finde ich die originellen Details wie den Filmstreifen am oberen Rand oder die auf einer kleinen Filmklappe platzierten Seitenzahlen. Dagegen fehlen mir passende Bildunterschriften durchgängig unter den Bildern, die über die Nennung des Filmtitels beziehungsweise der Namen der in der Filmszene abgebildeten Schauspieler hinausgehen.
Insgesamt ist die Qualität der Abbildungen gut. Allerdings verstehe ich das Design des Titelcovers nicht: Die horizontalen weißen Streifen oben und unten sind im Verhältnis zur Höhe der Fotografie zu schmal – oder man lässt sie gleich ganz weg und verwendet anstelle des gewählten Querformats ein Foto im Hochformat. Auch ist die Schrift zu klein und der Druck (zumindest bei meinem Rezensionsexemplar) nicht optimal. Nichtsdestotrotz ist es eine ambitionierte Idee, sich mit älteren Filmen zu beschäftigen. Hier ist mit „35 Millimeter – Das Retro-Filmmagazin“ ein substanzielles Format gelungen, dem man nur wünschen kann, sich in einer Nische des totgesagten Print-Mediums zu etablieren. Weiter so!
(c) valentino 2015
35 Millimeter – Das Retro-Filmmagazin, Nr. 8, April/ Mai 2015.