Wir sind alle Klimaleugner

Letzte Woche wieder in meinem Lieblingscomicladen in Mannheim,
Fantastic Store in der Tattersallstraße,
zwei Minuten vom Hauptbahnhof.
Haben die ganzen US-Sachen,
nicht nur Marvel und DC,
genauso die Independence-Verlage,
Image Comics,
Dark Horse,
BOOM! und so weiter,
auch die Hefte,
die mir allerdings zu anstrengend sind,
um dranzubleiben.

Fahre gerade komplett ab auf Nocterra von Scott Snyder und Tony S. Daniel,
erster Band Full Throttle Dark,
starkes Teil,
Welt innerhalb von Minuten komplett dunkel,
Leute ohne elektrisches Licht verwandeln sich in Monster,
Tiere sowieso,
Heldin Val Riggs fährt mit einem Truck zwischen den letzten Outposts hin und her,
immer wieder kurze Rückblenden,
Sachen werden klarer.

Scott Snyder begeistert mich schon seit Monaten,
Audiozeug in seinem Substack-Newsletter lässt sich gut hören,
hat lange für DC geschrieben,
viel Batman,
dann independent bei Image,
sein Wytches ist heftig,
extrem gutes,
dreckiges Coloring von Matt Hollingsworth,
zeigt,
was alles drübergelegt werden kann.

Wytches und Nocterra wirds wohl bald im Streaming-TV geben,
wundert mich nicht.

Comic ist für mich Mischung aus Prosaerzählung und Film,
nimmt das Beste aus beiden Welten,
führt es im Idealfall weiter.
Erzählerische Texte können von Comics lernen,
vor allem amerikanische Comics aus meiner Sicht weit fortgeschritten,
professionelle Arbeitsteilung,
Blendtechniken,
Serialität.

Ein Wort zur aktuellen Lage Russlands und der Ukraine.
Mir fällt es ehrlich gesagt schwer,
mir eine robuste Meinung zu bilden.
Ich kann irgendwie nicht glauben,
dass Russland die Ukraine wirklich angreifen wird,
obwohl die Besetzung der Krim ja schon Vorlage war.
Kann mir gut vorstellen,
dass ein russischer Angriff auf die Ukraine ein massives Zusammenrücken Europas zur Folge hätte,
an dem Russland sicherlich kein Interesse haben dürfte.
Womöglich sind wir dann aber alle schon nicht mehr da.

Warum eigentlich nicht Russland selbst eine NATO-Mitgliedschaft anbieten?

Was mir nach wie vor sehr leid tut,
ist die mangelnde Berichterstattung über Belarus.
Über dem Land liegt seit Monaten eine bittere Glocke,
vor allem aus einer Reihe von Twitter-Accounts bekomme ich noch etwas mit,
was dort geschieht,
zum Beispiel Hanna Liubakova.

Leute meistens,
die längst außer Landes sind.
Viele Stimmen in Belarus selbst längst verstummt.

Freue mich über Empfehlungen zu Kanälen und Stimmen aus Belarus,
die ich nicht auf dem Radar habe.
Wer sucht,
findet wohl weiterhin einiges.

Haben am Wochenende den Film Don’t Look Up mit Leonardo DiCaprio, Jennifer Lawrence, Meryl Streep, Cate Blanchett und noch anderen geläufigen Namen gesehen.
Sehr unterhaltsam und teilweise packend,
bürstet einiges gegen den Strich,
exzellente Parodie über das Leugnen eines bevorstehenden Kometeneinschlags,
ein Planetenkiller,
der alles Leben auslöscht,
eigentlich gar keine Parodie,
die Vergleiche zu aktuellen Klima- und Coronaleugnern sind einfach zu gelungen.

Dabei ist der Film alles andere als einseitig.
Hat mir deutlich gemacht,
wie selbstgerecht auch die große Masse derjenigen ist,
die den Klimawandel eben nicht leugnen.
Eigentlich gehören sie ebenfalls zu den Klimaleugnern,
praktische Klimaleugner,
die genauso weitermachen wie bisher.
Zu dieser Masse zähle wohl auch ich.

Immer wenn Heidelberg mir zu eng wird,
muss ich nach Mannheim.
Für mich ist Heidelberg ohnehin das Neuenheim von Mannheim,
muss da immer mal raus.
Japanische Küche im Osaka am Friedrichsring ist jedenfalls vorzüglich.

(c) belmonte 2022

Frohes neues Jahr 2022

Frohes neues Jahr 2022,
liebe Freunde!

Jahr hat grau angefangen,
regnet Katzen und Hunde,
Omikron hält uns alle im Griff.
Hoffe trotzdem,
Ihr habt schöne Feiertage gehabt mit Euren Lieben und nicht zu viele schlechte Nachrichten.

Ich selbst war ein bisschen mit meinen Kindern schwimmen,
Booster machts möglich,
heftige Hurricane-Rutsche im Miramar,
wer Lust hat,
Eindrücke hier von irgendjemandem:

Längere Tour im Odenwald,
gut gegessen,
ansonsten habe ich an einer Reihe von Storylines und Plots gearbeitet,
Gedanken zu digitaler Literatur gemacht.
Bin nach wie vor der Meinung,
dass Literatur sich erst auf halbem Weg in die digitale Welt befindet.
Viele neue Streaming-Formate,
die sich im vergangenen Jahr aufgetan haben,
ein wenig kollaboratives Schreiben im virtuellen Raum,
der echte Durchbruch aus meiner Sicht noch nicht geschehen.
Comics da schon viel weiter,
sind natürlich auch Literatur.

Ach ja,
kürzlich erreichte mich von einem Verlag eine Publikationszusage für ein Buch,
das ich im vergangenen Sommer beendet habe.
Was genau,
verrate ich noch nicht,
kann aber sagen,
es wird sehr cool.

Gab vergangenes Jahr Diskussion unter Heidelberger Autor:innen,
ob die aktuelle Situation als Berufsverbot bezeichnet werden könne.
Es stimmt aber einfach nicht,
dass Schriftsteller:innen in Deutschland Berufsverbot haben.
Sie können schreiben,
gibt Verlage,
die sie veröffentlichen,
können Lesungen veranstalten,
und wenn sie es richtig machen,
haben Sie online ein viel größeres Publikum,
als sie analog je hatten,
mit Realtalk und allem Drum und Dran.

Und dann war ich noch im neuen Spider-Man-Film,
originelle Story,
verrückte Überraschungen,
insgesamt aber etwas zu nostalgisch.
Hat trotzdem großen Spaß gemacht.

Freue mich über Kommentare,
wie Ihr den Film fandet.

(c) belmonte 2022

Alltägliche Corona-Eskalation

belmonte

Im Bus auf dem Weg in die Heidelberger Peripherie.

Frau trägt Maske unterm Kinn. Busfahrer durchs Mikrofon: „Setzen Sie bitte die Maske auf.“

Maske rauf bis knapp überm Mund.

Als sie zum Aussteigen aufsteht, die Maske wieder unterm Kinn, schlägt ein Mann mit flacher Hand mit voller Wucht aufs Trennglas und ruft lautstark: „Maske uff!“

Alle schrecken auf. Sie völlig verängstigt.

Vor mir einer: „Müssen Sie uns denn so erschrecken?“

Maske-uff-Mann laut zur demaskierten Frau: „Wennde querdenke willst, mussde nach Stuttgart.“

Sie leise: „Wenn Sie doch bloß die Wahrheit wüssten.“ Steigt aus.

Alle Seiten sind leider sehr nervös, und öffentliche Aufforderer gibt es leider mehr und mehr auch auf der vernünftigen Seite.

Es ist schade zu sehen, wie das Richtige immer wieder umschlagen und sehr unsympathisch werden kann.

(c) belmonte 2021

Drei Drohnengesetze (auf Asimovs Robotergesetzen basierend)

belmonte

Für mich gibt es eine enge Beziehung zwischen Drohnenkrieg und drohendem Krieg, die mehr als eine wörtliche Spielerei ist.

Wie wäre es, wenn weltweit die drei Asimovschen Robotergesetze auch auf Drohnen angewendet würden?

1. Eine Drohne darf kein menschliches Wesen verletzen oder durch Untätigkeit zulassen, dass einem menschlichen Wesen Schaden zugefügt wird.

2. Eine Drohne muss den ihm von einem Menschen gegebenen Befehlen gehorchen – es sei denn, ein solcher Befehl würde mit Regel eins kollidieren.

3. Eine Drohne muss ihre Existenz beschützen, solange dieser Schutz nicht mit Regel eins oder zwei kollidiert.

Das Hotel Montebello

valentino

Das Hotel entsteht. / Foto: Valentino

Als Vorlage für das Aquarell verwende ich einige Fotos. Das Ergebnis ist meistens eine Mischung aus verschiedenen Motiven. Einige Ideen tauchen beim Malen mit den Wasserfarben auf, andere hatte ich bereits vorher.

(c) valentino 2020

Polanco

valentino

Nachdem ich den Vordergrund gezeichnet habe, fange ich mit den Gebäuden im Hintergrund an und koloriere später alles.

(c) valentino 2020

Zur Entstehung des Liedes „Anna reider is tot“

belmonte

Mein Lied Anna reider is tot ist Ergebnis einer Simulation von Deep Learning. Ich habe mein Gehirn mit einem initialen Text gefüllt und dann iteriert und die Gewichtungen immer weiter verfeinert.

Tatsächlich versuche ich, Deep Learning bewusst zu simulieren, und ich bin mir noch nicht einmal sicher, ob es tatsächlich eine Simulation oder ob es nicht vielmehr bewusst gemachtes Denken ist.

In der Tat finde ich es sehr spannend, mir selbst beim Denken zuzuschauen, selbst gleichzeitig Subjekt und Objekt zu sein, den Denkprozess wie eine Muskelbewegung zu beobachten, während ich diese Bewegung selbst ansteuere. Das genau ist es, was mir an künstlicher Intelligenz gefällt, nämlich mich selbst zu erkennen, zu erkennen, was der Mensch ist, was das spezifisch Menschliche ist.

Das unten verlinkte Video Neural Network 3D Simulation zeigt diesen Prozess auf anschauliche Weise.

(c) belmonte 2019

Writers of Writers

„When we teach computers to write, the computers don’t replace us any more than pianos replace pianists—in a certain way, they become our pens, and we become more than writers. We become writers of writers.“

Ross Goodwin: Adventures in Narrated Reality: New forms & interfaces for written language, enabled by machine intelligence. https://medium.com/artists-and-machine-intelligence/adventures-in-narrated-reality-6516ff395ba3 (7.7.2019)

Warum es neben mir so unheimlich nach Schweiß roch

belmonte

In der S-Bahn nach Haßloch saßen zwei Männer neben mir und mir gegenüber, die unheimlich nach Schweiß rochen. Sie wirkten nicht sonderlich ungewaschen, aber es fiel mir schwer zu atmen. Ich sah, wie sie aus ihren Rucksäcken Flaschen herausnahmen, und als sie daraus tranken, überschwemmte mich ein noch schlimmerer Schweißgeruch. Ich schaute auf die Etiketten der Flaschen und erschrak, als ich „Bioschweiß“ las. Ich weiß schon, warum ich diese neuen Designergetränke nicht ausstehen kann.

(c) belmonte 2019

Ein Mittsommernachtstraum

belmonte

Ein Mittsommernachtstraum

Titania

Titania / Foto: belmonte

Am Abend fahren wir zur Riserva Bosco delle Pianelle, einem Wald außerhalb von Martina Franca, und schauen uns dort eine wunderschöne Mittsommernachtstraum-Vorstellung an, hervorragende Schauspieler, sehr agil, hüpfend, schweifend, übertrieben-gutes Minenspiel, ganz Commedia dell’arte, was ich bisher so nur in Italien gesehen habe, echte Lebhaftigkeit, einbrechende Nacht, es ist schnell dunkel, Taschenlampen, Elfen, Oberon, Titania und ein grandioser herumwirbelnder Puck zwischen den Bäumen und hinterm Gestrüpp.

Puck

Puck / Foto: belmonte

Das Publikum wird von einer Stelle zur anderen im Wald gebracht, der Geist des Stückes ist wunderbar getroffen, gleichzeitig ist es ein wenig unheimlich, ein Buckliger mischt sich unters Publikum. Pyramus und Thisbe spielen mit sensationeller Situationskomik und Wortwitz. All das in einem ätherisch duftenden Mediterranwald. Ist es Minze?

Bottom und Titania

Bottom und Titania / Foto: belmonte

(c) belmonte 2019

Warum der Anblick im Reisebus aus Bilbao so grauenvoll war

belmonte

Gestern kam ein Reisebus aus Bilbao an. Normalerweise haben die Busse nur kurzen Aufenthalt, Leute raus, neue Leute rein und wieder los. Aber er blieb dort einfach mit geschlossenen Türen stehen. Die nachfolgenden Busse fingen schon an zu hupen. Irgendwann kam ein Aufseher und dann die Polizei, und als im Bus niemand reagierte, brachen sie die Tür auf und waren entsetzt über das, was sie sahen. Der Bus war vollbesetzt mit Leuten, denen allen der Kopf fehlte. Es war ein grauenvoller Anblick. Auch der Busfahrer war kopflos, und nirgendwo war irgendeiner der Köpfe zu finden. Warum ich das hier schreibe? Es ist diese Meldung wert, weil solche Dinge ja nicht alle Tage vorkommen.

(c) belmonte 2019

Was meine Großtante unter ihrem Rock trug

belmonte

Meine Großtante trug immer sehr lange und schwere Röcke, die mich an Vorhänge aus den 50er Jahren erinnerten. Sie hatte meistens einen etwas muffigen Geruch an sich, und alle waren froh, wenn sie wieder fort war. Einmal versteckte ich mich unterm Esstisch, als sie uns besuchen kam, und als sie sich zu Tisch setzte und ihren Rock ein wenig hochzog, konnte ich eine ausgestopfte Bisamratte sehen, die mit Paketklebeband an ihrer Wade befestigt war. Meine Großtante war ansonsten immer sehr freundlich zu uns Kindern.

(c) belmonte 2019